Radentscheid Augsburg

4 Jahre Radentscheid-Vertrag - eine Zwischenbilanz

Vor vier Jahren, am 22.07.2021 hat das Aktionsbündnis „Fahrradstadt Jetzt“ einen Vertrag mit der Stadt Augsburg geschlossen. Darin wurden die Ziele des Radentscheid Augsburg übernommen und zusätzlich mehr als 30 Einzelmaßnahmen vereinbart. Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Grün: umgesetzt; blau: beschlossen/in Umsetzung; rot: noch offen
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Einzelprojekte

Die meisten der vereinbarten Einzelprojekte wurden inzwischen in Angriff genommen. Dazu gehört die Einrichtung von Tempo 30 in der Schertlinstraße, Holzbachstraße, Stettenstraße (mit neuen Schutzstreifen) und Pferseer Straße von der Pferseer Unterführung bis zur Luitpoldbrücke. Auf dem Straßenzug Grottenau bis Jakoberstraße soll ab September 2025 Tempo 30 gelten. Zusätzlich sollen dort diverse Optimierungsmaßnahmen folgen (vorgezogene Aufstellflächen für bessere Sichtbarkeit, vergrößerte Abbiegetaschen für Linksabbieger).

Sehr erfreulich ist der erfolgte Lückenschluss im Radverkehrsnetz im Oberen und Mittleren Graben mit einigen Verbesserungen der bestehenden Radwege.

In der Schießstättenstraße, also von der Wertach hoch zur Rosenaustraße, wurde eine Fahrradstraße eingerichtet. Da jedoch kaum Parkplätze weggefallen sind, gibt es dadurch in dieser engen, gewundenen, dunklen Straße keine wirkliche Verbesserung für Radfahrer*innen.

In der Klinkertorstraße, an der Ampel am südwestlichen Ende Richtung Klinkertorplatz, wurde eine Aufstellfläche für Radfahrende erstellt. Zusätzlich wurde der PKW-Verkehr auf eine Spur reduziert, damit Radfahrende zur Ampel vorbeifahren können.

Auf sich warten lässt weiterhin der Radweg-Lückenschluss in der Donauwörther Straße (beidseits zwischen Wertachbrücke und Dieselstraße), obwohl die Stadt ursprünglich bereits 2022 eine Planung vorlegen und ab 2023 realisieren wollte.

Fahrradabstellmöglichkeiten

Freuen können wir uns über zahlreiche neue Fahrradbügel an vielen verschiedenen Standorten in der Innenstadt und im Ulrichsviertel. Besonders hervorzuheben sind 120 Fahrradstellplätze am Zoo und 400 am neuen Westportal des Hauptbahnhofs.

Fehlende Bordsteinabsenkungen

Vertraglich vereinbart war, dass neue Radverkehrs-Verbindungen eine ebene Oberfläche ohne Bordsteinkanten aufweisen sollen. Jedoch wurden bei neuen Radwegen in der Regel 3 cm hohe Bordsteinkanten angebracht, worunter sowohl Radfahrende als auch Fahrräder leiden. Ursache für die Vertragsabweichung ist unter anderem der Behindertenbeirat, welcher sich für die aktuell geltenden 3 cm-Absenkungen ausgesprochen hatte (damit Blinde die Kante gut ertasten können). Neben Radfahrenden sind dadurch jedoch aus unserer Sicht auch Rollstuhlfahrende und Rollator-Benutzer*innen benachteiligt. Wir setzen uns weiter für die Vertragserfüllung ein und blicken solange neidisch in andere Städte, die auf eine Null-Absenkung oder differenzierte Bordhöhe setzen.

Weiterhin mit Mängeln: Mängelmelder

Seit 2022 ist der Mängelmelder online. Seitdem haben Radler*innen bereits hunderte Mängel dokumentiert. Die Kommunikation zum Bearbeitungsstand ist nach wie vor leider meist frustrierend. Die Meldungen werden schnell auf "grün" gesetzt, obwohl die Meldung nur weitergeleitet, aber der Mangel längst noch nicht behoben wurde. Wir hoffen weiter, dass die Kommunikation hier noch besser wird. Vor allem aber, dass gemeldete Mängel wirklich beseitigt werden.

Stellplatzsatzung

Nach einigem Hin und Her ist seit Januar 2023 eine neue Stellplatzsatzung in Kraft. Diese schreibt vor, dass bei Neubauten ausreichend Fahrradstellplätze bereitgestellt werden und im Gegenzug weniger PKW-Stellplätze gebaut werden müssen. Aufgrund des bayerischen Modernisierungsgesetzes werden im Oktober 2025 alle bisherigen Stellplatzsatzungen ungültig, weshalb bayerische Kommunen nun handeln müssen. Die Augsburger Stadtverwaltung arbeitet bereits an einer überarbeiteten Stellplatzsatzung.

Versunken im Augsburger Mobilitätsplan?

Verschiedene größere Planungsmaßnahmen für den Radverkehr will das Baureferat "im Rahmen des Augsburger Mobilitätsplans“ bearbeiten. Das betrifft unter anderem die Radroute Auf dem Kreuz / Klinkertorstraße. Anfang 2025 wurden zwei Planungsbüros mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für ein Rad-Vorrangroutennetz beauftragt. Wir warten gespannt auf die Ergebnisse und hoffen anschließend auf baldige Umsetzungen.

Über den Vertrag hinausgehende Maßnahmen

Einige Projekte wurden zusätzlich zu den vereinbarten Maßnahmen realisiert bzw. beschlossen:

Wo bleibt die Fahrradstadt?

Wir erwarten für das letzte Vertragsjahr, dass die noch offenen Punkte auf den Weg gebracht werden. Jedoch sind die vielen Einzelmaßnahmen nur die ersten Schritte - die Inhalte des Radentscheids müssen nun natürlich in der ganzen Stadt umgesetzt werden. Noch immer gibt es in Augsburg viele Lücken im Radnetz: Straßenabschnitte mit Tempo 50, ganz ohne Radinfrastruktur. Beispiele sind die Schaezlerstraße, Prinzregentenstraße, Ulmer Straße, oder die Hirblinger Straße. Und auch die vertraglich vereinbarten Stellen für Radabstellanlagen haben lediglich exemplarischen Charakter - insbesondere in den Wohngebieten außerhalb der erweiterten Innenstadt sind Radabstellplätze oft Mangelware. Damit Augsburg wirklich Fahrradstadt wird, ist noch viel mehr zu tun.

Hier geht's zu unserer Pressemitteilung.