Radentscheid Augsburg

Häufig gestellte Fragen

Ein gewonnener Bürgerentscheid kann viel bewirken, ist aber formal juristisch auch stark eingeschränkt aufgrund des Kopplungsverbots verschiedener Inhalte und dem Verbot in den Haushalt der Stadt einzugreifen. Ein Vertrag kann offener gestaltet werden. Durch den Vertrag mit der Stadt konnten wir zusätzlich zu den eher abstrakten Forderungen des Bürgerentscheids konkrete Einzelmaßnahmen vereinbaren. Außerdem haben wir uns auf ein höheres Budget und mehr Personal für den Radverkehr geeinigt. Denn ohne Ressourcen, wird nichts passieren. Zu guter letzt gilt der Vertrag 5 Jahre, der Bürgerentscheid wäre nur für 1 Jahr bindend gewesen. Aus unsrer Sicht nur Vorteile. Die Inhalte des Vertrags sind hier zusammengefasst

Wichtig ist, dass wir jetzt dranbleiben und schauen, dass das, was uns im Vertrag versprochen wurde auch umgesetzt wird. Und falls nicht, Widerspruch einlegen. So wie wir es z.B. bei der Stellplatzsatzung getan haben. Die sollte im Dezember 2021 verabschiedet werden. Wird jetzt aber nochmal überarbeitet. (vgl: AZ (16.12.21): Debatte um Autostellplätze: Stadtrat fällt vorerst keine Entscheidung)

Auch nach dem Vertragsabschluss sind wir weiter aktiv. Wir arbeiten an Radrouten, identifizieren Problemstellen und erarbeiten Lösungsvorschläge. Denn das, was wir im Vertrag vereinbart haben ist nur ein erster kleiner Schritt. Bis die Ziele des Radentscheids für ganz Augsburg umgesetzt sind, braucht es viel mehr. Hier brauchen wir deine Beobachtungen und Ideen und sind auf Expertise aus allen Stadtteilen angewiesen. Außerdem freuen wir uns über vorher/nachher Fotos von Maßnahmen aus dem Vertrag oder anderen positiv sowie negativ Beispielen aus dem Augsburger Radnetz.

Seit Jahren laufen Diskussionen, wie die Rahmenbedingungen für den Fahrradverkehr auf Augsburgs Straßen endlich verbessert werden können. Im Dezember 2019 führten diese Gespräche zur Gründung eines breiten Aktionsbündnisses. Getragen vom Forum Augsburg lebenswert, dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (Kreisverband Augsburg), der Augsburger Ortsgruppe der Bewegung Fridays for Future und vielen fahrradengagierten Bürger*innen entschloss sich dieses Bündnis zur zügigen Durchführung eines Bürgerentscheids mit dem Ziel, den Umbau der Verkehrsinfrastruktur voranzubringen und den Fahrradverkehr damit entscheidend zu stärken.

Das Aktionsbündnis stellte in der letzten Januarwoche den Fraktionen im Stadtrat und der Öffentlichkeit die Ziele und Eckpunkte des Bürgerbegehrens vor. Zeitgleich überprüfen Fachanwälte die Ziele auf rechtlich korrekte Formulierungen. In der letzten Februarwoche wurden die Ziele und damit der Wortlaut des Bürgerbegehrens veröffentlicht. Am 1. März startete die Unterschriftensammlung anlässlich der Demonstration für Klimagerechtigkeit in Augsburgs Innenstadt, organisiert von Fridays for Future Augsburg und Augsburg handelt. Anfang April haben wir dann zum ersten Mal gezählt: Im ersten Monat haben bereits 7289 Augsburger*innen unterschrieben. Das ist ein gigantischer Auftakt, vor allem, wenn man bedenkt, dass wir nur in den ersten beiden Märzwochen auf der Straße aktiv sein konnten.

Seit November 2020 haben wir unser Ziel von 15.000 Unterschriften erreicht. Dies führte dann zu konkreten Verhandlungen mit der Stadt, wie das Radbegehren am besten in die Praxis umgesetzt wird. Am 5. Juli 2021 wurde dann ein entsprechender, 5 Jahre gültiger Vertrag vorgestellt.

Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind in Bayern Instrumente direkter Demokratie auf kommunaler Ebene. Damit können Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises einer Stadt von den Bürger*innen selbst beschlossen werden. Gegenstand eines dabei eine mit ja oder nein zu beantwortende Fragestellung.

Die Unterstützungsunterschriften für ein Bürgerbegehren können frei gesammelt werden. Die Zahl der notwendigen Unterschriften ist abhängig von der Anzahl der Wahlberechtigten der Stadt. Für Augsburg sind das die Unterschriften von 5 % der Wahlberechtigten, also knapp 12 000 Unterschriften.

Da sich unser Bürgerbegehren und ggf. der spätere Bürgerentscheid rund um das Thema Fahrradstadt dreht, nennen wir es Radentscheid Augsburg. Damit sind wir nicht allein, in ganz Deutschland hat sich eine Radentscheid-Bewegung entwickelt. 30 Städte haben einen Radentscheid durchgeführt oder sind gerade dabei. Hier gibt es eine Übersicht.

Melden Sie diese der Stadt bei radverkehr@augsburg.de. Setzen Sie uns gern auf Kopie, dann sind wir informiert: post@fahrradstadt-jetzt.de.

Das Fahrrad ist das Verkehrsmittel, mit dem man in der Innenstadt am schnellsten und kostengünstigsten von A nach B kommt. Fahrräder sind das urbane Transportmittel schlechthin: Sie produzieren kein CO₂, keinen Feinstaub und keine Stickoxide, sind sehr leise und brauchen deutlich weniger Platz als Autos.

Außerdem macht Radeln Spaß und ist wirklich gut für die eigene Gesundheit – und die seiner Mitmenschen. Außerdem bedrohen Radfahrer*innen andere Verkehrsteilnehmer*innen wesentlich weniger als Autos und LKW. Wenn also künftig dank besserer Radwege und viel mehr Radabstellplätzen mehr und mehr Menschen aufs Fahrrad umsteigen, ist das gut für alle.

In Augsburg sollte nach einstimmigen Stadtratsbeschluss zwischen 2012 und 2020 die Radinfrastruktur massiv ausgebaut werden. So waren sieben Radachsen geplant – so eine von Pfersee bis nach Lechhausen. Von diesen Maßnahmen sind nicht einmal 10 % umgesetzt worden – und gerade an den vielen gefährlichen Tunneln und Kreuzungen ist praktisch nichts passiert. Kein Wunder, dass die Unfallzahlen für Augsburgs Radfahrende Jahr für Jahr steigen!

Wir wollen, dass sich hier endlich was ändert. Das ist die Kernforderung dieses Radentscheids! Wir wollen mehr und bessere Radwege, sicherere Kreuzungen und das ohne faule Kompromisse. Faule Kompromisse sind zum Beispiel, dass ein Radweg einfach abbricht, wenn die Straße sich verengt. So was macht Radfahrenden Angst – und kann tatsächlich Unfälle provozieren.

Das Ziel ist dasselbe wie 2012: ein zusammenhängendes Netz guter Radwege – also nicht nur auf die Straße gemalte Schutzstreifen, oder alte Radwege, die in schlechtem Zustand oder viel zu schmal sind. Unser Bürgerentscheid wird dazu führen, dass hier viel passiert – wir haben acht wichtige Jahre verloren, aber jetzt holen wir auf.

Zurzeit wird nicht das Rad, sondern das Auto stark bevorzugt: Über 90 % der Verkehrsinvestitionen der Stadt Augsburg steht für PKW und LKW zur Verfügung, und der kleine Rest für Fußgänger und Radfahrende.

Dieses Verhältnis ist nicht mehr zeitgemäß. Vor allem im Hinblick darauf, dass die Verkehrsplanung der letzten Jahrzehnte rein auf das Auto fokussiert war.

Wer vor diesem Hintergrund aktuell behauptet, „das Auto darf jetzt nicht benachteiligt werden“ übersieht also bewusst die Realität – und verlangt letztlich, dass die massive Bevorzugung des Automobils für weitere sechs Jahre fortgesetzt wird.

Aber mit einem „weiter so” droht Augsburg in den kommenden Jahren ein Verkehrskollaps, der alle, die auf das Auto angewiesen sind, hart treffen wird. Abgesehen davon wird Augsburg eines Tages auch gezwungen sein, seine Klimaschutzziele einzuhalten, und das wird nicht gehen ohne eine massive Veränderung unseres Mobilitätsverhaltens hin zu mehr Strecken, die wir zu Fuß, per Rad oder mit Bus und Bahn zurücklegen.

Augsburgs Altstadt mit ihren engen Gassen, dem Kopfsteinpflaster und den Stadttoren ist mit dem Rad, dem öffentlichen Nahverkehr und zu Fuß am besten zugänglich. Gerade auch der Tourismus und der innerstädtische Einzelhandel profitieren sehr davon, wenn die Innenstadt ruhiger wird und die Aufenthaltsqualität durch bessere Luft und weniger Lärm steigt. Und mit weniger Autoverkehr würde in der Innenstadt auch eine Menge Platz für alle frei werden, den jetzt noch parkende Autos belegen.

Was das Kopfsteinpflaster angeht, ist dieses vielleicht ein bisschen anstrengend mit dem Rad zu befahren. Aber wird sich davon wirklich jemand abhalten lassen, das Rad zu benutzen?

Die wachsende Nutzung des Fahrrads in Augsburg hat auch die Radverkehrszählung 2019 wieder bestätigt – wenn auch nicht in dem Umfang wie sich die Stadtregierung das erhofft hatte.

Wir glauben: Weder unsere engen Gassen noch das Kopfsteinpflaster sind ein generelles Hindernis fürs Radfahren – und stimmt die Infrastruktur, werden noch viel mehr Menschen das Radfahren für sich entdecken.

In den Niederlanden und in Dänemark nutzen viel mehr Menschen das Fahrrad als bei uns. Je nach Stadt sind es bis zu 50 % der Wege, die mit dem Rad zurückgelegt werden. Manche behaupten, das läge daran, dass die Menschen dort eine andere Mentalität oder eine andere Beziehung zum Fahrrad als Transportmittel hätten; oder weil das Gelände dort noch ein kleines bisschen flacher als im Augsburger Stadtgebiet sei.

Aber ganz ehrlich: Die Menschen in Holland und Dänemark fahren nicht Rad, weil es ihr vorbestimmtes Schicksal ist, sondern weil sie in Orten und Ländern wohnen, in denen die Straßen für das Radfahren umgebaut wurden – oder nicht in gleichem Maße wie in Deutschland autogerecht ausgebaut wurden, so dass die Nutzung des Fahrrads deutlich bequemer, sicherer und zeitsparender ist, um von A nach B zu kommen.

Unser Radentscheid möchte Augsburgs Bürger*innen diese Möglichkeit geben, bequem, sicher und zeitsparend von Oberhausen nach Göggingen oder von Friedberg zum Thelottviertel zu kommen. Und dafür müssen wir die Baumaßnahmen planen, abstimmen und umsetzen, damit das möglich wird. Der entscheidende Faktor für eine „wirkliche“ Fahrradstadt Augsburg ist hierbei der politische Wille, eine solche aktiv zu gestalten.

Will ein Bürgerentscheid erfolgreich sein, muss er die Mehrheit der stimmberechtigten Bürger*innen überzeugen. Das bedeutet, dass Partikularinteressen keine Chance haben, sich durchzusetzen.

Wenn im Gegensatz dazu immer gleiche Gruppen kommunaler Amtsträger*innen über die Verkehrspolitik entscheiden, sind diese sehr starkem Lobbydruck ausgesetzt – und die Stadträt*innen haben oft nicht die nötige Unterstützung und die nötige Zeit, das wirksam zu kontrollieren und den Bürgerwillen durchzusetzen. Es ist uns allen bekannt, dass dabei der Schutz von Gemeingütern wie Umwelt, Luft und Klima als erstes in den Hintergrund rückt.

Das Gegenteil ist also richtig: Unser Radentscheid trägt dazu bei, dass Schluss damit ist, dass im Hintergrund agierende Lobbygruppen über die Zukunft der Mobilität in Augsburg mitentscheiden können.

Die Beweislage aus den Niederlanden ist klar: Dort, wo gute Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird, wird sie von Menschen jeden Alters genutzt, und das oft auch bei gesundheitlichen Einschränkungen. Es gibt eine Vielzahl von Radtypen, die Menschen mit körperlicher Einschränkung mobil machen. Auch viele Behinderte finden es einfacher, sich mit dem Rad fortzubewegen, als mühsam in Straßenbahnen zu klettern oder längere Wege zu Fuß zurückzulegen. Gute Radwege sind also für alle da, werden von ganz unterschiedlichen Menschen in Anspruch genommen und gewährleisten so Unabhängigkeit und Eigenständigkeit.

Die Mehrzahl der in einer Stadt wie Augsburg zurückgelegten Strecken ist maximal fünf Kilometer lang. Genau diese Distanz können zumeist auch Menschen mit körperlicher Einschränkung problemlos mit dem Fahrrad fahren – und dies erst recht, seitdem Elektrofahrräder für viele Menschen erschwinglich geworden sind.

Die Abschaffung der Benutzungspflicht war und ist richtig. Wer sich in Augsburg umsieht, stellt aber fest, dass die Behörden die Schilder kaum abgenommen haben, trotz teils offenkundig katastrophaler Mängel. Es gibt viele Menschen, denen solch unsichere Radwege Angst machen.

Ältere Menschen und Kinder beispielsweise könnten sorgloser Fahrrad fahren, wenn der Radentscheid Augsburg erfolgreich ist und Augsburg sichere und schnelle Fahrradwege bekommt. Beispiele in anderen Städten zeigen, dass der Ausbau der Infrastruktur für Fahrradverkehr nicht nur das Sicherheitsgefühl steigert, sondern auch die Unfallzahlen deutlich reduziert.

Die Nutzung des Fahrrads liegt Studien zufolge im Sommer nur vier Prozentpunkte über dem Jahresdurchschnitt. Dieser nicht allzu hohe Wert bestätigt sich, wenn man im Winter mit offenen Augen durch Augsburgs Innenstadt geht und die auch im Winter zahlreichen Radfahrenden sieht.

Allerdings könnten die Nutzungszahlen in Augsburg noch besser werden, wenn der Winterdienst in den Hauptrouten für die Radler*innen nicht erst morgens um 11 Uhr startet. Unser Radentscheid soll dafür sorgen, dass das Radfahren auch im Winter praktikabel bleibt.

Für die Sicherheit im Straßenverkehr ist es wichtig, dass sich alle an die Verkehrsregeln halten. Leider verletzen einige Menschen die Verkehrsregeln – dazu gehören Autofahrer*innen mit dem Handy am Ohr genauso wie Radfahrer*innen, die auf der falschen Straßenseite fahren.

Es gibt unter den Radfahrer*innen in Augsburg rücksichtsvolle und weniger rücksichtsvolle Zeitgenossen – wie bei allen anderen Gruppen auch. Und die rücksichtslosen Verkehrsteilnehmer*innen müssen wir in die Schranken weisen.

Eine Idee, mit der andere Städte bereits gute Erfahrungen gemacht haben, sind mehr Polizeikräfte, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Sie sollen dafür sorgen, dass Radfahrer*innen nicht die Gehwege befahren und Autofahrer*innen nicht die Radwege zuparken. Wenn Radfahrer*innen dann tatsächlich über ein gutes und komfortables Netz verfügen, kann niemand mehr sein Verhalten dadurch rechtfertigen, dass es für ihn keinen guten Radweg gäbe.

Natürlich können nicht alle Fahrten mit dem Fahrrad unternommen werden. Aber mindestens 50 % der Wege, für die im Moment noch der PKW genutzt wird, könnten – mit der richtigen Infrastruktur – mit dem Rad zurückgelegt werden.

Der Radentscheid sorgt für schnelle und sichere Wegeverbindungen, sichere Abstellplätze und somit für attraktive Alltagswege.

Alle Verkehrsmittel sollen ihren Platz haben in Augsburg, wir wollen die Nutzung von Kraftfahrzeugen nicht pauschal verurteilen. Aber ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr fördern das Wohl aller Menschen in der Stadt: Sie schonen die Umwelt, sorgen für bessere Luft, weniger Lärm und beleben den öffentlichen Raum. So wird die Stadt lebenswerter, sicherer, ruhiger und gesünder. Das ist im Interesse aller Bürger*innen.

Der Radentscheid Augsburg richtet sich nicht gegen den Autoverkehr, sondern möchte die Probleme und Konflikte im Verkehr entschärfen. Die Zahl der Radfahrer*innen in Augsburg steigt stark an – und das ist auch gut für die Autofahrer*innen. Überlegen Sie selbst: Was würde passieren, wenn die 19 % der Wege, die die Augsburger*innen zurzeit mit dem Rad zurücklegen, mit dem PKW durchgeführt werden würden? Genau: der Verkehr würde morgens und spätnachmittags komplett zusammenbrechen.

Wollen wir das?

Nein, wir wollen eine Infrastruktur schaffen, die zum Radfahren einlädt. Es ist erwiesen, dass mit der passenden Infrastruktur auch die Nutzung eines Verkehrsmittels steigt. Als Konsequenz einer guten Fahrradinfrastruktur werden also weniger Wege mit dem Auto zurückgelegt. Damit trägt die Förderung des Fahrrads sogar zum flüssigeren Autoverkehr bei.

Der Platz in der Stadt ist begrenzt und muss deshalb sinnvoll genutzt werden. Der Wegfall von PKW-Parkplätzen im öffentlichen Raum lässt sich nicht vermeiden. Aber im Vergleich zwischen dem Platzbedarf des PKW-Verkehrs und dem Platzbedarf des entsprechenden Radverkehrs schneidet das Fahrrad um Dimensionen besser ab: auf ein PKW-Parkplatz passen mindestens acht Rad-Parkplätze; und ein Auto in Bewegung braucht mindestens 10 x mehr Abstand nach vorne und hinten als ein Fahrrad in Bewegung.

Den Initiator*innen dieses Radentscheid ist aber wichtig, dass der Abbau von PKW-Stellplätzen behutsam erfolgt, damit sich alle Bürger*innen in Ruhe darauf einstellen können. Eine Möglichkeit, auf das eigene Auto zu verzichten, aber nicht auf die Vorteile mit dem Auto zu fahren, wenn es nötig ist, ist übrigens ein einfacher Zugang zu Carsharing-Fahrzeugen. Auch so wird das Parkplatzproblem entschärft.

Fahrräder gehören nicht auf den Gehweg, sondern auf den Radweg oder die Fahrbahn. Tatsächlich fahren Fahrradfahrer*innen manchmal auch auf dem Gehweg – vor allem dort, wo die Beschilderung das vorschreibt, also ein eigener Radweg gar nicht vorhanden ist, oder dieser zugeparkt ist. Ursache ist meistens Angst vor dem Kraftverkehr. Das entschuldigt dieses Verhalten nicht, begründet es aber zumindest. Regelverstöße werden von allen Verkehrsteilnehmer*innen aktuell leider noch viel zu oft begangen – etwas, wogegen wir uns strikt aussprechen! Eine angemessene Infrastruktur jedoch führt erwiesenermaßen zu mehr Regeltreue im Straßenraum – auch unter den Radfahrenden.

Der Radentscheid fordert deshalb an vielbefahrenen Straßen baulich getrennte, sichere und vom motorisierten Verkehr nicht befahrbare Wege und ist – aufgrund der Erfahrungen aus anderen Städten und Ländern – davon überzeugt, dass diese von den Radfahrenden dann auch gerne genutzt werden. So können Fußgänger*innen wieder ungestört auf dem Gehweg unterwegs sein.

Wir beneiden nicht die Fahrer*innen des Liefer- und Wirtschaftsverkehrs in Augsburg. Es gibt großen Zeitdruck, aber kaum geeignete Haltemöglichkeiten. Deswegen parken viele Fahrer*innen auf dem Fahrrad- oder Fußweg. Dies ist eine große Gefahrenquelle und es ist unverantwortlich, dass dieses Thema von Politik, Verwaltung und Polizei bisher ignoriert wird.

Die Initiator*innenen dieses Radentscheids begrüßen deshalb die Einrichtung und Freihaltung von Lieferzonen. Dies erleichtert die Arbeit für den Lieferverkehr, auf den viele dringend angewiesen sind.

An vielen Stellen und Straßen ist darüber hinaus eine Möglichkeit, Lieferfahrzeuge über einen gut geplanten Radweg kreuzen zu lassen. Ladebuchten werden außerhalb der Radwege angelegt, und zum Beliefern und Entsorgen wird der Radweg gequert. Das geschieht routiniert an allen Hauptstraßen in den Niederlanden und Dänemark.

Außerdem zeigt die Realität: Fußgängerzonen erlauben nahezu keinen Autoverkehr, dennoch gelten sie als lebhafte Einkaufsstraßen und sind gut fürs Geschäft. Im Allgemeinen schaffen sie dies durch einige schlaue Maßnahmen: Lieferzeiten werden sinnvoll koordiniert, Geschäfte nutzen gemeinsame Lieferfahrzeuge, es werden kleinere Fahrzeuge – oder gar Lastenräder – eingesetzt oder die Anlieferung und das Ausladen geschieht außerhalb der Ladenöffnungszeiten.

Radverkehr und ÖPNV gehören zusammen. Beide sind Teil des Umweltverbundes: Sie sind gut für die Umwelt, sparen Platz und machen Augsburg lebenswert. Und bessere Fahrradwege sowie gute Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen und Haltestellen vereinfachen es Pendler*innen enorm, mit Fahrrad und/oder ÖPNV zur Arbeit zu fahren.

Im Einzelfall fällt es manchmal schwer, einen neuen Radweg zu bauen, wenn der nötige Platz im Bereich von Bus- oder Straßenbahnhaltestellen eigentlich nicht mehr vorhanden ist. Aber wenn sich alle Interessengruppen an einen Tisch setzen, finden sich auch hier fast immer gute Lösungen. Die in der Zukunft neu zu schaffende Radinfrastruktur wird also nicht zu Lasten des öffentlichen Nahverkehrs gebaut!

Einrichtungen für den Fahrradverkehr sind immer viel günstiger als gleichartige Einrichtungen für den Autoverkehr. Deshalb ist es kein Wunder, dass über 90 % der Verkehrsinvestitionen der Stadt Augsburg für PKW und LKW erfolgen und nur der kleine Rest für Fußgänger*innen und Radfahrende zur Verfügung steht.

Wenn dieses Verhältnis nun von 90 zu 10 auf vielleicht 80 zu 20 geändert wird, ist das nicht teuer, sondern effizient. Denn wie gesagt: Jede Million, die in eine gute Radinfrastruktur investiert wird, bringt mehr an Sicherheit und Verkehrskapazität, als wenn sie in die Kfz-Infrastruktur fließt. Das heißt auch: Kein Verkehrsmittel ist für die öffentliche Hand so preiswert wie das Fahrrad!

Wenn für die Ziele des Radentscheids also viel gebaut und umgebaut werden wird, ist das keine Erfüllung von Luxusbedürfnissen, sondern ein notwendiger Schritt in eine zukunftsfähige Mobilität.

Die zusätzliche Schaffung von Krippenplätzen und dringend anstehende Schulhaussanierungen sind wichtige Aufgaben der Stadt Augsburg. Es ist nicht das Ziel des Radentscheids, die Mittel hierfür zu blockieren.

Auf der anderen Seite hat Augsburg jedes Jahr eine Menge Geld für Verkehrsplanung und entsprechende bauliche Maßnahmen eingeplant. Und dieses Geld wird in Augsburg, wie in jeder anderen Stadt auch, jedes Jahr auch ausgegeben, insgesamt zwischen 40 und 60 Millionen Euro, oder 130 und 200 EUR pro Einwohner*in. 2012, zum Zeitpunkt des Augsburger Beschlusses zur Fahrradstadt, entfielen davon rund 3 Euro pro Einwohner*in auf die Fahrradinfrastruktur. Acht Jahre später, also 2020, betragen sie vielleicht 12 EUR pro Einwohner*in. Die Initiator*innen des Radentscheids finden diese Entwicklung einen Fortschritt. Aber es muss noch mehr werden: Europaweit gibt es einen Richtwert von aktuell 30 EUR pro Einwohner*in für die Ausgaben zu Gunsten des Radverkehr. In diese Richtung muss es gehen – und selbst dann wird das die Investitionen in Bildung in Augsburg nicht schmälern.

Augsburg braucht moderne Schulen, genügend Kita-Plätze und sichere Radwege, um dorthin zu kommen.

Diese Bedenken wurden schon vor 50 Jahren geäußert, als die ersten Fußgängerzonen eingerichtet wurden. Das Gegenteil trat ein: Die Geschäfte in den Fußgängerzonen machten deutlich mehr Umsatz als die Geschäfte mit Autoverkehr direkt vor der Ladentür. Entsprechend ist Augsburgs Fußgängerzone die attraktivste Lage für den Einzelhandel in der Stadt.

Durch Verkehrsberuhigung und neue Fahrradwege werden Straßen also nicht nur attraktiver zum Wohnen, auch die Geschäfte profitieren. Denn die Menschen verweilen eher, wenn sie mit niedrigerer Geschwindigkeit unterwegs sind und die Straße insgesamt belebter ist. In den Innenstädten sind laut einer Studie gerade solche Geschäfte erfolgreich, die ihren Fahrradkunden einen sicheren Abstellplatz bieten und damit ein fahrradfreundliches Klima schaffen. Außerdem weisen Befragungen nach, dass Unternehmer den Anteil der Kunden, die mit dem Auto kommen, stark überschätzen (geschätzt: 58 Prozent, tatsächlich: 32 Prozent).

Ein weiterer verbreiteter Mythos besagt, dass mit dem Auto kommende Menschen mehr Geld ausgeben würden. Es gilt als belegt, dass Radfahrende oder zu Fuß gehende Kunden zwar pro einzelnem Besuch in einem Geschäft weniger einkaufen, dafür aber wesentlich häufiger in die Läden kommen und so unter'm Strich für mehr Umsatz sorgen. Wenn Geschäfte gut ohne Auto zu erreichen sind, führt das zu häufigeren Besuchen, weil es bequemer ist, kleinere Einkäufe zu erledigen.

Fahrradinfrastruktur und verkehrsberuhigte Zonen verhindern also nicht den Zugang zu Läden und Geschäften – sie erhöhen sogar die Attraktivität und Aufenthaltsqualität der Straßen, steigern die Besucher*innen- und Kund*innenfrequenz und die geschäftliche Gesamtnachfrage. Der Augsburger Innenstadthandel profitiert von den Forderungen des Radentscheids. Wer also will, dass der „Klick in unserer Stadt bleibt”, tut gut daran, für den Radentscheid stimmen.